Am 08./09.07.2017 fanden in Leinfelden in Baden-Württemberg die Landesmeisterschaften im Mehrkampf statt. Fiona Neff, die bereits im Mai an der Qualifikationsnorm nur um 2 Punkte gescheitert war, wurde außer Konkurrenz gemeldet und stellte sich top vorbereitet der Aufgabe.
Nach einem Sprint und Hürdentest in Mannheim und Wetzlar hatte ihr Trainer Rainer Weber wohl wenig einzugreifen, so der Wunschgedanke. Als weitere Unterstützung und als ihr Sprinttrainer fuhr Michael Henkel mit, der sichtlich Spaß hatte daran, ihr als Wasser- und Stuhlträger zur Seite zu stehen.
Tag 1 begann sie mit einer sehr guten neuen Bestleistung über die 100m Hürden in 15,30sek. Nun war sie fokussiert und konzentriert wie nie. Dies schlug sich sofort in der 2 Disziplin, dem Hochsprung, nieder. Auch hier baute sie ihren Punktestand gegenüber dem 1. Siebenkampf aus, und überfloppte im 3 Versuch 1,44m. Ihre Angstdisziplin war damit mehr als erfreulich abgehakt.
Guter Dinge gingen die 3 nun zu Disziplin Nummer 3, dem Kugelstoßen. Hier setzte Fiona in ihrem Krimi nun den ersten Höhepunkt.
Hier, wie beim 3. Versuch im Hochsprung, erfolgte nun erst im 3. Versuch endlich eine Annäherung an ihre Bestmarke mit guten 10,90m. Nach 10,30m und indiskutablen 9,59m musste sie zum ersten Mal Nerven zeigen. Fiona behielt sie und war immer noch auf Qualikurs.
Zum Abschluß des ersten Tages folgte nun der 200m Sprint. Auf Bahn 2 gesetzt und alle Konkurrentinnen vor sich, lief sie eine sehr gute Kurve und zollte dann trotzdem in den letzten 30-50m dem auch sehr ersten heißen Tag Tribut. Sie blieb mit 27.05 sek nur 1/10 Sekunde über Bestleistung. Auch damit war sie voll im Plan.
Tag 2 sollte sich anders gestalten......
Gut gelaunt und trotzdem voller Anspannung begann man den 2. Wettkampftag in Leinfelden. Weitsprung lautete nun Disziplin Nummer 5. Zum ersten Versuch lief Fiona an und sprang einen relativen Sicherheitssprung mit 4,93m in den Sand. Nun fing ihr Trainerteam zu rechnen an. Hat man bereits Vorsprung eingebüßt? Man lag noch im Plan, aber der Punktestand im Vergleich zum 1. Siebenkampf wurde kleiner. Anlauf zum 2. Sprung, Verbesserung auf 4,98m, aber noch nicht das Optimum. Mit 5,11m im 3.Versuch und einem technisch schönen Sprung gab man sich zufrieden und die Nerven wurden trotzdem weiter angespannt. Fiona und das Trainerteam spürten nun, dass es auch noch schief gehen kann.
Motivation und positive Gedanken war nun die Aufgabe von Rainer und Michael. Fiona war immer noch fokussiert, aber die Anspannung war ihr anzumerken.
Nachdem bei anderen Speerwurfkonkurrenten bereits festzustellen war, dass das Kampfgericht sehr voreilig manche Würfe ungültig gab, war man gewarnt. Rainer schickte Michael auf die Gegengerade, um die Versuche zu filmen, um für den Fall der Fälle etwas vorweisen zu können. Versuch 1 flog auf noch zu wenige 32,11m, man wurde nervös. Im 2. Versuch trat das ein, was man befürchtete, der Speer landete nicht korrekt auf der Spitze bzw. steckte, sondern fiel herunter und berührte mit dem hinteren Teil zuerst den Boden....ungültig!
Der 3. Versuch sollte nun Erleichterung bringen und eine langsamere 800m Zeit ermöglichen, als in Darmstadt beim 1.Siebenkampf. Es folgte ein Krimi innerhalb von 45min...
Fiona warf ab, der Speer war gut unterwegs, aber landete wieder bei ca. 35-37m auf ganzer Linie auf dem Rasen. So sah es das Kampfgericht. Ein kurzes „ungültig" und Fiona war am Boden zerstört. Trainer Michael hatte alle Versuche gefilmt, nun schauten sich Rainer und Michael das Video an und versuchten, doch eine positive Einstellung zu finden und zu zeigen, dass der Speer zuerst mit der Spitze den Boden berührte.
Der Bildschirm war zu dunkel, man konnte nicht genau erkennen, wie der Speer landete. Nach kurzen Versuchen das Kampfgericht doch zu bewegen den Versuch zu messen bzw. im Video eine Einstellung zu finden, die überzeugend wirkte, nahm man es hin, war enttäuscht. Fiona musste aufgerichtet werden, sie verkroch sich weit ab von der Anlage.
Trainer Michael kam dann auf die Idee, sich das Video auf der Toilette erneut anzusehen. Bis dahin waren ca. 15min vergangen. Hier waren die Lichtverhältnisse nicht so hell und man erkannte auf dem kleinen Handybildschirm, dass der Speer zuerst auf der Spitze landete und direkt danach hüpfend auf dem Rasen aufschlug.
Sofort holte Michael Rainer hinzu, man sah sich das Video an und befand, der Versuch ist gültig....daraufhin eilte Rainer zum Kampfgericht um dieses um die Einsicht des Videos zu bitten. In der Zwischenzeit sendete Michael das Video per Mail auf das Tablet von Bernhard Fenn, Trainer von Julia Fenn, die ebenfalls am Start war, aber leider die Quali für die DM der U18 nicht erreichte. Eine Ellbogenverletzung verhinderte in einer ihrer Paradedisziplinen, dem Speerwurf, eine wichtige hohe Punktzahl. Den ersten Tag beendete Julia mit einer 4Kampf Bestleistung.
Nun konnte man zusammen mit dem Kampfgericht im Tribünengebäude das Video sichten und auch das Kampfgericht befand sehr fair,.....der Versuch wäre gültig gewesen. Fiona bekommt einen 4. Versuch.
Fiona, sichtlich erleichtert von der Entscheidung, bekam noch einmal 10min zur Konzentration. Der Diskuswurf, der zwischenzeitlich begann, wurde unterbrochen und Rainer stellte Fiona noch einmal neu ein. Sie lief an, warf und der Speer landete diesmal gültig bei 34,77m.
Wieder im Plan auf Qualikurs.
Für den abschließenden 800m Lauf wollte man nun noch erreichen, Fiona in den zweiten Lauf zu bringen, da sie ein paar Minuten benötigte um sich zu sammeln. Fiona war sichtlich am Ende.
Letzte Reserven aktiviert, von den Trainern aufgepusht, stellte sie sich an die Startlinie und musste für die Qualileistung 2:38min mindestens laufen. Fiona schaffte in einer absoluten Energieleistung 2:36,51min. Sie lief wie ein Uhrwerk alle Zwischenmarken und die Quali zu den Deutschen U20 Mehrkampfmeisterschaften in Berlin/Kienbaum war geschafft.
Fiona übertraf nun nach 4398 Punkten im Mai die Qualinorm um 24 Punkte, nämlich 4424 Zähler.
Diese zwei Tage waren ein absolutes leichtathletisches Highlight, was die Faszination und auch die Spannung solcher Wettkämpfe ausmacht.
Bis jetzt hat die Saison der Athletinnen um Rainer und Michael alles geboten, was man sich nur denken kann. Ein solches Wochenende wünscht man sich aber nicht unbedingt ein zweites Mal.
Viel Glück bei den Deutschen Fiona!!