Felix Bornhofen Überraschungssieger bei den Deutschen Blockmehrkampfmeisterschaften
Die schönsten Erfolge sind die überraschenden, konzentriert und konsequent erarbeiteten. Als Neunter der Melde- und deutschen Jahresbestenliste (2.934 Pkt.) geführt, hatte keiner der Konkurrenten des Bockwettkampfs Sprint/Sprung der M15 Felix Bornhofen wirklich auf dem Radar im Kampf um den Deutschen Meistertitel. Auch gut, mag sich Felix gedacht haben, umso besser lässt sich „drunter durchfliegen".
Gesagt, getan: die Aufmerksamkeit der zahlreichen Zuschauer im schönen Lübecker Stadion gehörte von Beginn an anderen Athleten. So zum Beispiel dem späteren Vizemeister Arthur Klem vom SC DHfK Leipzig, der beim Eröffnungswettkampf im Speerwurf den ersten Wurf gleich mal auf über 53 Meter donnerte, um diesem Superwurf im zweiten Versuch mit 55,70 m sogar noch einen draufzusetzen. Eine „lockere" Steigerung seiner persönlichen Bestleistung um ganze 10 Meter sowie rund 70 Punkte Vorsprung auf die Konkurrenz – ein erster Schock für alle Mitfavoriten. Felix (der ja bis zu diesem Zeitpunkt noch keiner war) hatte zwei gute Versuche im Einwerfen, dem zwei etwas überambitionierte „Wolkenkratzer" in den beiden ersten Versuchen folgten, die zwar bei 40,50 m landeten, aber deutlich höher als weit waren. Verflixt, da muss doch noch etwas gehen. Und es ging: der dritte Wurf flog auch nicht ganz sauber, landete aber bei 45,67 m (5 Meter Steigerung der PB), die dem viertweitesten Wurf der Konkurrenz entsprachen. Ein guter Einstand, wenn auch mit ein wenig Zittern.
Danach die Hürden. Felix im schnellsten Lauf. Ein prima Start, doch nach der ersten Hürde ein störender Ellenbogen von der Nebenbahn, was immer mal passieren kann, und irgendwie ist der Rhythmus weg. 11,23 s, Fünfter – kein Problem, aber leichtes Zähneknirschen, da wäre etwas mehr drin gewesen. Vorneweg donnert der Deutsche Hürdenmeister Maximilian March (Team Voreifel), gleichfalls Titelaspirant und Zweiter der Deutschen Bestenliste und zaubert unter dem Applaus der Zuschauer hervorragende 10,64 s auf die Bahn. In der Zwischenwertung liegt Felix nun auf Rang fünf.
Nun der Weitsprung: Mit neuer persönlicher Bestleistung von 6,23 m und der stabilsten Serie im ganzen Feld (noch 6,20 und 6,10 m) sammelt Felix weitere wichtige Punkte, während Leon Schellenberg vom LC Jena den Tagessieg mit sehr guten 6,48 m einfährt und sich damit an die Spitze der Gesamtwertung setzt. Doch die Verfolger tummeln sich gewissermaßen Punkt an Punkt kurz hinter dem Führenden – unter ihnen auch Felix, der wieder ein paar Zählerchen gut macht und sich auf Platz vier vorschiebt. Spätestens jetzt wittert Trainer Stephen Wirth Felix' Titelchancen, denn er weiß um dessen deutlich verbesserte Sprintqualitäten und hofft zudem auf einen ordentlichen Hochsprung.
Die 100 Meter zeigen, dass diese Einschätzung richtig ist: Felix sprintet mit 11,60 s neue Bestzeit, hält den Abstand auf die besten Sprinter wieder sehr gering und rückt einen weiteren Platz vor. Da klar ist, dass der Führende Leon Schellenberg, der auch der schnellste Sprinter im Feld ist, deutliche Defizite im Hochsprung hat, werden die Karten vor dem letzten Wettbewerb noch einmal neu gemischt.
Hoch konzentriert und ruhig geht Felix zu Werke, steigt sicherheitshalber schon bei 1,66 m ein – schließlich gilt es in diesem engen Wettkampf keinen einzigen Punkt zu verschenken – und nimmt souverän alle Höhen einschließlich 1,80 m gleich im ersten Versuch. Und auch wenn der Trainer ein wenig knottert, dass dies und das „eigentlich" noch nicht so toll ist und er das deutlich besser draufhat – drüber ist drüber – zumal Leon schon bei 1,72 m die Segel streichen muss und nunmehr hinter die Führenden fällt. Anders Arthur Klem, der als weniger guter Sprinter etwas zurückgefallen ist, nun aber im Hochsprung wieder punktet: 1,80 m drüber, 1,84 nur hauchdünn gerissen – Klasse Leistung! Uff, Nervenkoller – Felix hat zwei Fehlversuche bei 1,84 m, Devon Bender von der MTG Mannheim überspringt diese Höhe mit wackelnder Latte, dann Felix: Juhuu! Berührungslos drüber, Gesamtführung! Aber lieber noch 1,88 m, die Felix im zweiten Versuch überspringt, Devon aber nicht mehr meistert! Noch ein hauchdünn gerissener über die neue persönliche Bestleistung von 1,92 m – dann ist Felix' Hochsprunggala vorbei, der Junge platt wie eine Scholle, Papa Stephan und Trainer Stephen freuen sich ein Loch in die Tasche und der Titel ist perfekt – der Mehrkämpfer mit der ausgewogensten Leistung des Tages hat gewonnen und nebenbei mit seinem Hochsprung-Disziplinsieg auch die Siegeshöhe der Deutschen Schüler Einzelmeisterschaften vor Monatsfrist in Köln um 2 Zentimeter übertroffen. Mit der Gesamtpunktzahl von 3.124 Zählern verbessert Felix seine eigene bisherige Bestmarke um sage und schreibe 200 Punkte und setzt sich damit – mit nur einem Punkt Vorsprung – sogar noch an die Spitze der aktuellen deutschen Bestenliste – ein toller Erfolg! Auf Rang zwei folgt Arthur Klem nach einem gleichfalls hervorragenden Wettkampf dicht auf Felix (3.101 Pkt.), gefolgt von Hürden- und Sprungspezialist Devon Bender (3.091 Pkt). Wie gut das Leistungsniveau in der Breite der insgesamt 25 Starter des Blocks S/S war, zeigen die Punktezahlen der Platzierungen zwischen 1 und 6, zwischen denen nur knappe 80 Zähler liegen.
Herzlichen Glückwunsch zu dieser Goldmedaille sowie einer rundum gelungenen Saison, in der Felix auf Landes- wie auf Bundesebene der fleißigste Titelsammler des asc gewesen ist!
Nicht ganz so glücklich lief es für das zweite asc-Mitglied Julia Fenn, die am Vortag in Lübeck im Blockmehrkampf Wurf der W15 angetreten war. Anders als am Sonntag ließ der Wettergott am Samstag, an dem alle Mädchenwettbewerbe durchgeführt wurden, ganz tief in sein Ostsee-Portfolio blicken und fuhr alles auf, was er an stürmischem Wind, kalten Temperaturen und heftigen Regengüssen zu bieten hatte. Diese hinderlichen Umstände wirkten sich nicht nur auf Julia wenig leistungsförderlich aus, wenngleich sie mit ihren Resultaten (13,72 s über die 100m, 13,42 über die 80m-Hürdenstrecke, 4,55 m im Weitsprung sowie 11,69 m im Kugelstoßen) unter diesen Bedingungen nicht unzufrieden sein muss. Leider unterlief ihr in ihrer besten Einzeldisziplin, dem abschließenden Diskuswurf, ein „Salto nullo" (zugestanden: der Begriff passt nur dann, wenn man weiß, dass es beim Diskuswurf auch einen „Sprung"abwurf gibt...), weil sie nach zwei ungültigen Versuchen auf einen Sicherheitswurf aus dem Stand verzichtete und volles Risiko ging. Dieser Entscheidung gebührt Respekt, denn mit etwa 35 Metern, die sie werfen kann, hätte sie sich zwischen den Plätzen 8 bis 10 einsortieren können, während der Standwurf eben nur zum tiefen Mittelfeld gereicht hätte. So ging's schief – macht nix, das passiert auch Spitzenathleten immer mal wieder. Und da Julia auf diese Weise die einzige Starterin mit einem Nullergebnis im Mehrkampf war, blieb ihr am Ende leider nur der 29. und damit letzte Platz des Feldes.
Dass nach einem langen Wettkampftag am Sonntag schon die schulischen und beruflichen Montagspflichten riefen und die 600 km lange Heimreise durch mehrere Staus die Vergnügungen des Tages noch „abzurunden" anstanden, sei nur am Rande vermerkt – denn so musste der Wunsch nach einer Besichtigung der schönen Hansestadt sowie einer Verkostung des berühmten Marzipans vor Ort leider auf eine künftige Gelegenheit vertagt werden.